Morgenarbeit in der Wiener Hofreitschule
Alexandra Freund-Gobs • 19. Juli 2023
Spanische Hofreitschule beim Morgentraining
Vor längerer Zeit hatte ich einen Dressurreiter kennengelernt, der aufgrund dreier Bandscheibenvorfälle in Bad Saulgau in ambulanter Reha war. Die Dressurreiterei hatte er aufgeben müssen, die Liebe zu den Pferden war geblieben. Er war eine imposante Persönlichkeit und ließ sich nicht entmutigen, war immer guter Laune und beeindruckte mich aufgrund seiner aufrechten und gelassenen Art, sich wieder fit zu machen. Er sagte mir damals, wenn ich je nach Wien komme, solle ich unbedingt die Spanische Hofreitschule besuchen. Wer hätte gedacht, dass ich nicht lange nach der Begegnung tatsächlich die Chance dazu ergriff? Zu der Zeit, als ich die Wiener Hofreitschule besuchte, wurde die Arbeit dort in den Sozialen Medien diskutiert. Ich entschloss mich aufgrund der Empfehlung meines Bekannten trotzdem zu einem Besuch.
Früh aufstehen für eine Karte
Die Spanische Hofreitschule in Wien befindet sich im Michaelertrakt der Hofburg. Sie ist das einzige und letzte Reitinstitut der Welt, in welchem die klassische Reitkunst in reiner Form gelehrt und gepflegt wird. Auf der Tafel über dem Rundbogen des Reitereinganges ist zu lesen, dass sie „zum Unterricht und zur Übung der adeligen Jugend wie auch zur Ausbildung der Pferde für Kunstritt und Krieg“ errichtet wurde. Seit 2015 gehört die Spanische Hofreitschule zum immateriellen UNESCO Kulturerbe der Menschheit. Man kann sich Karten für das Morgentraining besorgen, sollte das aber rechtzeitig planen. Karten sind lange Zeit im Voraus ausverkauft. Ich habe Glück. Für meinen Ausflug habe ich den Wecker gestellt und stehe eine halbe Stunde vor Öffnung des Kartenschalters bereits an der Hofreitschule, um eine Karte zu ergattern. Damit bin ich nicht die Einzige. Mit einer Karte in der Hand nutze ich die Zeit bis zum Einlass für einen Milchkaffee und ein leckeres Croissant in einem Café um die Ecke. Um 11 Uhr ist es dann soweit.
Morgentraining im „Ballsaal“ für Pferde
Der Vorraum sieht eher aus wie im Theater: Informationstresen und geschäftige Mitarbeitende in gedämpfter Lautstärke. Dann geht es durch eine unscheinbare Tür und es kommt zum ‚Wow-Effekt‘. Ein Ballsaal für Pferde. Gigantische Kronleuchter befinden sich in der Mitte der Halle, die von einer Galerie umsäumt wird, auf der man auch Platz nehmen kann. Der Reitsaal, in dem das Training und die Vorführungen der Lipizzanerhengste der Spanischen Hofreitschule stattfinden, ist in gebrochenem Weiß gehalten, 58 m lang, 18 m breit, 17 m hoch und die Galerie wird von 46 korinthischen Säulen getragen. Ich bekomme allerdings einen Platz in der ersten Reihe (!) in der Hofloge, die zur Zeit der Habsburgermonarchie nur von Mitgliedern der kaiserlichen Familie und deren persönlichen Gästen benützt werden durfte.
Routine: Ein Gruß an Kaiser Karl VI
Nach und nach kommen die Reiter auf den Rücken ihrer Lipizzaner in die Halle und lüften zum Gruß ihre Kopfbedeckung in meine Richtung. Sitzt hier ein Promi? Nein. Hinter uns hängt das Bild Kaiser Karls VI, unter dem man 1729 mit dem Bau der Winterreitschule im Michaelertrakt begonnen hatte. Noch heute grüßen die Reiter beim Betreten sein Abbild. Gearbeitet wird nur mit Hengsten der Rasse Lipizzaner. Sie haben ihren Namen vom Dorf Lipica (italienisch Lipizza) im heutigen Slowenien. In dessen Nähe gründete 1580 Erzherzog Karl II. von Innerösterreich das Hofgestüt am Karst mit aus Spanien importierten Pferden.
Die erste Frau kam 2008 an die Wiener Hofreitschule
Das Training wird begleitet mit einer erklärenden Stimme aus Lautsprechern. Das finde ich schade. Es macht doch einen etwas kommerziellen Eindruck. Spannend finde ich, dass die Übungen in einem strengen Ablauf erfolgen und dass auch für mich als Laien erkennbar ist, dass es sowohl bei Ross als auch bei Reitern eine klare Rangfolge gibt. In dem Gefüge gibt es Oberbereiter, Bereiterinnen und Bereiter, Bereiteranwärterinnen und -anwärter sowie Lehrlinge. Erkennbar ist das am Verhalten und an der Kleidung. Da die Tiere in nur etwa zwei Meter Abstand an mir vorbeiflanieren, kann ich jeden sich bewegenden Muskel erkennen. Das erinnert mich an Ballettaufführungen, bei welchen ich in der ersten Reihe saß. Mich fasziniert das Spiel so sehr, dass ich mich völlig vertiefe in die ruhigen Abläufe. Die erste Frau in der traditionell geführten Schule war Bereiterin Hannah Zeitlhofer, sie kam 2008 an die Wiener Hofreitschule. Der Weg zum Bereiter/zur Bereiterin ist lang und die harte Ausbildung dauert etwa 10 Jahre. Ist man schlussendlich Bereiter, arbeitet man auch mit den zukünftigen Bereiteranwärtern zusammen und bildet diese aus.
Die Tradition wird mündlich überliefert
Auf der Website der Wiener Hofreitschule ist zu lesen: „Bis heute gilt es, die mündlich überlieferte Tradition der klassischen Reitkunst von Generation zu Generation weiterzugeben.“ Die Begriffe, die in der Welt der Spanischen Hofreitschule eine Rolle spielen, klingen sehr lyrisch. So nennt man Sprungfiguren wie die Kapriole „die Schule über der Erde“. Hannah Zeitlhofer gab der Frankfurter Allgemeine 2016 ein Interview, in welchem sie auf ihre Arbeit einging. Interessant fand ich ihre Abschlussworte. Sie sprach davon, dass das Bereiten nicht für das Publikum sei, sondern es werde beritten und die Leute dürften zuschauen. Das ist ein erheblicher Unterschied und zeigt auch, mit welchem Selbstverständnis diese Arbeit einhergeht.
Ruhiges Arbeiten ist hier Programm
Das war auch spürbar beim Zusehen, blendet man die Erklärtexte über Lautsprecher aus, hört man das leise Schnauben und die Hufe der Pferde bei der Arbeit. Jeder Ablauf geht mit einer Ruhe vor sich, die sich auch auf mich überträgt. Ein unruhiger Lipizzaner wird sofort, aber ohne Hast, beiseite genommen und mit Leckereien beruhigt. Schneller als gedacht ist die Morgenarbeit zu Ende und wir Zuschauer müssen die Halle verlassen.
Die Reitkunst der Wiener Hofreitschule ist nicht zu verwechseln mit Dressurreiten. Daran muss ich am Schluss im Zusammenhang mit dem Dressurreiter denken, der mir die Anregung für den Besuch der Wiener Hofreitschule gab. Interessant ist übrigens auch die Aufzucht der Pferde, darüber möchte ich auch noch mehr erfahren – ein andermal.
Die Reitkunst der Wiener Hofreitschule ist nicht zu verwechseln mit Dressurreiten. Daran muss ich am Schluss im Zusammenhang mit dem Dressurreiter denken, der mir die Anregung für den Besuch der Wiener Hofreitschule gab. Interessant ist übrigens auch die Aufzucht der Pferde, darüber möchte ich auch noch mehr erfahren – ein andermal.
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Die Dämmerung breitet sich in der Umgebung aus und zu hören ist nur der beruhigende, blubbernde Motor unseres alten VW Käfers. Ansonsten hört man kein Geräusch. Ein bisschen fühlt es sich an wie nach Neuschnee, alles scheint in Watte gepackt. Da wir uns aber mitten in einem Naturschutzgebiet befinden, ist das unnatürlich. Normalerweise kündigen Vögel mit ihrem Abendgesang die Nacht an, hier ist es absolut still. Auch der Wind verursacht kein Blätterrauschen. Denn die Korkeichen am Straßenrand und auf den Hügeln um uns herum tragen kein einziges Blatt mehr, obwohl es erst September ist. Und die Baumstämme und Äste der Bäume sind kohlrabenschwarz. Es fühlt sich an, als würden wir durch eine Mad Max Kulisse fahren nach einer Apokalypse. Auch der Geruch ist nicht der nach frischem Wald. Zugetragen hat sich das im Jahr 1990. Wir waren als Studenten auf Tour und fröhlich gestimmt von der Route Napoleon abgefahren. Nun durchquerten wir zum ersten Mal das südfranzösische Maurengebirge in Richtung Côte d’Azur. Es war auch das erste Mal, dass wir die Auswirkungen eines verheerenden Waldbrandes gigantischen Ausmaßes unmittelbar erlebten, es sollte nicht das letzte Mal sein. Woher kommt der Name Massif des Maures? Das Gebirge befindet sich zwischen Hyères und Fréjus im Departement Var. Es erstreckt sich über eine Fläche von 135 000 Hektar und ist 60 km breit, über 130 km lang und bis zu 780 m hoch. Der Name der Gebirgskette, Massif des Maures (Maurengebirge), hat seinen Namen von der dunklen Farbe des Gesteins und seiner Bewaldung mit Kork- und Steineichen und ist wohl auf das okzitanische Wort maouro (schwarz) zurückzuführen. Der Name hat sich mit den Jahrhunderten immer wieder verändert: Montem Maurum, Maura, la Maura im Jahre 1529, las Mauras de Bormettas. Historiker und Linguisten vermuten, dass der Name „montagne noire“ (schwarzer Berg), zuerst im Singular als „la noire“ (der Schwarze) benutzt wurde (la Maura, in Latein und Provenzalisch) und später auch im Plural, da das Gebirge mehrere Gipfel aufweist. Zahlreiche markante Aussichtspunkte ermöglichen fantastische Ausblicke über die imposante Küste und kilometerweite Wälder im Landesinneren. Wer die Ruhe abseits der Touristenströme liebt und dem hippen Côte d’Azur-Lifestyle ab und zu den Rücken kehren möchte, ist hier goldrichtig. Man kann wandern und abgelegene Weingüter besichtigen, die, wie beispielsweise das Weingut Domaine Murennes, aufgrund schwerer Erreichbarkeit auch der Resistance einen Rückzugsort boten. Darüber schreibe ich aber ein anderes Mal. Mit der Waldbrandgefahr leben Auffällig im Massif de Maures sind allgegenwärtig Warn- und Verbotsschilder, die bei bestimmten Wetterlagen das Begehen der Wege verbieten, um damit die Gefahr von Waldbränden einzudämmen. Damit muss man rechnen und das ist auch gut so. Denn leider sind Waldbrände im Maurengebirge keine einmalige Katastrophe, sondern treten immer wieder auf. Sie gehen nicht immer glimpflich aus. Bei einigen der Brände starben Menschen. Bei allen Bränden sind Natur und Tiere betroffen. Die Korkeichen erholen sich meist wieder schnell, das gilt nicht für die ebenfalls ansässigen Schirmpinien, ganz zu schweige von den Tieren, die nicht schnell genug das Weite suchen können. Die Natur kann sich über mehrere Jahre hinweg regenerieren, die Landschaft wird aber eine andere sein. Und immer, wirklich immer, sind hunderte von Feuerwehrmännern bei den Waldbränden im Einsatz, um die Feuer zu bekämpfen, manchmal viele Tage lang und immer bis zur Erschöpfung und in der Hoffnung und mit Blick auf Wind und Wetter, ob sich das Schlimmste verhindern lässt. Warum schreibe ich darüber? Feuerwehrmänner: Helden auf Abruf Die Idee entstand diesen Sommer, als wir an einem wundervollen sonnigen Septembertag bei bestem Wetter oberhalb des Örtchens Bormes les Mimosas steil bergan durch den Korkeichenwald zur Chapelle Notre Dame de Constance wandern. Der Blick von oben ist herrlich. Nach einem etwa 30-minütigen Fußweg und mächtig durchgeschwitzt genießen wir den Ausblick über die Küste und die Inseln Iles d'Or und Iles du Levant von der Kapelle aus. Ein Stück weiter befindet sich eine Aussichtsplattform mit 360-Grad-Aussicht. Bei näherem Hinsehen fallen mir von weitem zwei Menschen in tieforangen Oberteilen auf, die auf der Plattform sitzen und sich unterhalten. Es sind Feuerwehrmänner, die hier Feuerwache halten. Für mich sind das zwei der Helden des Maurengebirges und ich möchte sie kennenlernen. Endlich zahlt sich für mich aus, dass ich seit etwa einem Jahr mein Schulfranzösisch mit einem Online-Kurs aufpoliere. Auffällig ist die Ruhe, die die beiden ausstrahlen. Das ist mir vertraut vom Kontakt zu Menschen, deren Arbeit darin besteht, in Ausnahmesituationen besonnen funktionieren zu müssen. Sehr entspannt und zugewandt gehen sie auf meine unperfekt auf Französisch formulierten Fragen ein. Oft treffe ich mittlerweile auf Französinnen und Franzosen, die lieber aufs Englische ausweichen, als Geduld für mein B1-Sprachniveau aufzubringen. Wir kommen ins Gespräch und unterhalten uns über Urlaube mit dem Wohnmobil, der eine der beiden fährt ein Hymermobil und ist davon begeistert. Als wir ihm berichten, dass wir etwa 40 km entfernt vom Hymer-Stammsitz in Deutschland unsere Heimat haben, ist er begeistert: „Eh bien, le monde est petit.“ (Die Welt ist klein.) Unsere Gesprächsthemen streifen nur am Rande die großen Brände von 2021 und 2017, die hier noch allen in Erinnerung sind. Vielleicht ist das normal. Es ist auf jeden Fall verständlich: Die beiden Feuerwehrmänner müssen sich konzentriert fokussieren, wenn Gefahr im Verzug ist. Jetzt plaudern sie, aber immer mit aufmerksamem Rund-um-Blick über die bewaldeten Hügel und immer mit halbem Ohr am Funkgerät, aus dem, begleitet von Knarzen und Rauschen, kurze Meldungen eingehen. Das ist der Moment, indem ich beschließe, den Blog über die Begegnung mit den beiden Feuerwehrmännern zu schreiben. Für mich sind sie stellvertretend für alle, die für die Sicherheit im Maurengebirge sorgen. Eine Präventionskampagne liefert nützliche Informationen für Touristen und Einheimischen: https://www.prevention-incendie-foret.com/ Konkrete Verhaltenstipps für Waldbesuche gibt es hier: https://www.prevention-incendie-foret.com/pratiques-a-risque/en-foret-interdiction-de-faire-feu Die Risikomeldungen werden zwischen Juni und September täglich aktualisiert: Zugangskarte zu den Waldgebieten des Var und Arbeitsvorschriften in den Waldgebieten des Var









