Stuttgarter Teehaus, Sieglin, Zimt & Zucker
Alexandra Freund-Gobs • 29. August 2023
Zimt & Zucker, sieben Burgen, ein Teehaus
Es ist 9 Uhr 30 in der Früh und in Stuttgart-Mitte hat es bereits jetzt 29 ˚ C im Schatten. Der Sommer gewährt uns gerade kaum eine Erholungsphase der Abkühlung. Ich möchte meinem Mann eine meiner Lieblingsfrühstückslocations in Stuttgart zeigen, das Zimt & Zucker. Es befindet sich in der Weißenburgstraße, am Rand zu Stuttgart-Mitte. Für mich hat das Zimt & Zucker alles, was ein urgemütliches Café einer Stadt haben muss: Kuschelige, bunte Samtsofas, in die man einsinkt, verschiedene süße und deftige Frühstücksensembles zum Auswählen, guten Kaffee und eine Atmosphäre, die nicht stresst. Bei schönem Wetter ist draußen unter schattenspendenden Bäumen bestuhlt, heute sind alle Außenplätze belegt. Uns ist das auf gut schwäbisch „wurscht“, die Temperaturen sind innen sogar angenehmer als draußen und wir verkrümeln uns auf mein Lieblingssofa. Hier kann ich Stunden verbringen, egal ob in Gesellschaft oder allein, ich genieße den gechillten Service und freue mich jedes Mal, dass Hektik hier ein Fremdwort zu sein scheint.
Vom Weißenburg-Brunnen zum Teehaus
Wir möchten heute noch ins Teehaus. Man mag es kaum glauben, auch wenn ich als Studentin Jahre in Stuttgart verbracht habe, ich war noch nie im Teehaus. Vom Zimt & Zucker aus gelangt man dorthin eigentlich einfach. Zu Fuß geht es durch das Heusteigviertel und weiter bis zur U-Bahn Haltestelle Olgaeck. Die Gegend ist immer wieder einen Spaziergang wert, ein Brunnen hier, ein hipper Kleiderladen dort, ein kleines Weinlokal an einer Ecke – das hübsche Viertel wird durch die Schlosser-, Katharinen-, Olga-, Charlotten-, Alexander- und Weißenburgstraße begrenzt und hat einiges zu bieten. Der Brunnen, den ich gerade flapsig erwähnte, ist der Weißenburg-Brunnen an der Ecke Alexander-/ Zimmermannstraße. Ernst von Sieglin hatte ihn zur Erinnerung an die 'Feier des 60. Geburtstags von König Wilhelm II. v. Württemberg 1908' gestiftet. Auf Sieglin komme ich gleich näher zu sprechen.
Wo früher eine der Burgen Stuttgarts stand
Vom Olgaeck aus fahren wir mit der U bis zum Bopser und laufen die letzten 400 Meter bis zum Teehaus bergan. Mittlerweile hat es weit über 30 ˚ C und jeder schattige Baum ist willkommen. Der Weg führt durch den Weißenburgpark, vorbei am altehrwürdigen Tennisplatz des „Seifenfabrikanten“ Ernst von Sieglin, welcher sich direkt unter dem Teehaus befindet. Bevor ich hier von der gigantischen Aussicht auf Stuttgart von exponierter Lage aus schwärme, noch ein bisschen Geschichte zum Teehaus. Der Stuttgarter Ernst von Sieglin hatte 1898 die Villa Weißenburg gekauft. Das Teehaus ließ er 1912/13 extra für seine Frau bauen, damit diese dort mit ihren Freundinnen die Sommerfrische genießen konnte. Für sich und seine Freunde ließ er den Marmorsaal und einen Tennisplatz bauen, ebenso ließ er den Weißenburgpark umgestalten. Dabei stieß man dann auf Fundamente der staufischen Burg Weissenburg. Im Mittelalter (12. und 13. Jahrhundert) war der Talkessel Stuttgarts von sieben Burgen eingerahmt: darunter die Weissenburg, Silberburg, Wagenburg und Reinsburg. Mehr über die Geschichte der Weissenburg, die Sieglins und Stuttgart gibt es zu Lesen im Buch „Teehaus, Tanz und Berg der Wahrheit“ von Klaus Steinke aus dem Jahr 2018. Das Buch ist derzeit allerdings nur gebraucht zu erwerben – mich hat das nicht vom Kauf abgehalten und ich kann es nur jedem weiterempfehlen, der Neugierde mitbringt bezüglich besonderer Geschichten.
Spannendes steht im Buch über die Sieglins
Der 1848 geborene Stuttgarter Ernst von Sieglin war der Miterfinder von „Dr. Thompson’s Seifenpulver Marke Schwan“ und als Unternehmer schwer beschäftigt. Gleichzeitig wird ihm eine soziale Ader zugeschrieben. Er hatte in London gelebt und in Aachen. Seine Frau war um einiges jünger. Als die Familie 1898 zurück in die Heimatstadt Sieglins, nach Stuttgart, zog, hatte dieser sich aus dem Geschäftsleben bereits zurückgezogen und widmete sich einer neuen Leidenschaft: er finanzierte archäologische Ausgrabungen. Teile davon befinden sich noch im Landesmuseum Württemberg. Sieglin zeigte sich auch sonst großzügig. Siehe die Stiftung des Weißenburgbrunnens.
Einst Sommerfrische für die Damen, heute zugänglich für jedermann
Zurück zum Teehaus, dieses ist ein bezaubernder Pavillon im Jugendstil, in dessen Mitte sich die Bar mit einer runden Theke befindet. Um diese Theke herum ist betischt und stuhlt. Außen befindet sich eine Galerie, die ebenfalls mit Sitzplätzen ausgestattet ist und und hie und da den Blick in den Weißenburgpark frei gibt. Das Teehaus hat sommers geöffnet, im Winter dagegen nicht und in den Übergangszeiten nur an den Wochenenden. Am besten schaut man vor einem Besuch auf der Website www.teehaus-stuttgart.de
nach. Der Hintergrund für die Öffnungszeit ist simpel: Herr Sieglin hatte eine explizit Sommerfrische bauen lassen, eine Heizung hat das Teehaus nicht. Besucher*innen können sich heute auch im wunderschönen Park niederlassen, um dort einen Tee oder ein Bier zu trinken. Neben dem Teehaus befindet sich ein exzellenter Biergarten mit einer Außenküche. Vom kleinen Teich aus gelangt man über eine Treppe zur vorhin erwähnten Aussicht.
Die Aussicht vom Teehaus ist erstklassig
Da bleibt einem, wenn man das erste Mal hier steht, sprichwörtlich der Atem weg. Der Blick reicht links runter in Stuttgarts Süden und weiter bis hin nach Vaihingen. Man kann die Karlshöhe überblicken und das Lapidarium entdecken. Man schaut über Stuttgarts Westen bis hin zum Bismarckturm. Und man sieht weiter bis zum Bahnhof und in Richtung Cannstatt. Auf einem Mäuerchen kann man Platz nehmen, Getränke vom Teehaus darf man auch mit auf die Aussicht nehmen, wenn man Bescheid sagt.
Beim nächsten Mal, wenn ich hier herkomme, und dass es ein nächstes Mal gibt, das ist sicher, nehme ich mir „Teehaus, Tanz und Berg der Wahrheit“ als Lektüre mit und vertiefe mich in die lesenswerten Geschichten. Ein Exemplar des Buches liegt wohl auch im Teehaus aus, bei meinem Besuch war es aber gerade in Lesegebrauch.
Beim nächsten Mal, wenn ich hier herkomme, und dass es ein nächstes Mal gibt, das ist sicher, nehme ich mir „Teehaus, Tanz und Berg der Wahrheit“ als Lektüre mit und vertiefe mich in die lesenswerten Geschichten. Ein Exemplar des Buches liegt wohl auch im Teehaus aus, bei meinem Besuch war es aber gerade in Lesegebrauch.
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Die Dämmerung breitet sich in der Umgebung aus und zu hören ist nur der beruhigende, blubbernde Motor unseres alten VW Käfers. Ansonsten hört man kein Geräusch. Ein bisschen fühlt es sich an wie nach Neuschnee, alles scheint in Watte gepackt. Da wir uns aber mitten in einem Naturschutzgebiet befinden, ist das unnatürlich. Normalerweise kündigen Vögel mit ihrem Abendgesang die Nacht an, hier ist es absolut still. Auch der Wind verursacht kein Blätterrauschen. Denn die Korkeichen am Straßenrand und auf den Hügeln um uns herum tragen kein einziges Blatt mehr, obwohl es erst September ist. Und die Baumstämme und Äste der Bäume sind kohlrabenschwarz. Es fühlt sich an, als würden wir durch eine Mad Max Kulisse fahren nach einer Apokalypse. Auch der Geruch ist nicht der nach frischem Wald. Zugetragen hat sich das im Jahr 1990. Wir waren als Studenten auf Tour und fröhlich gestimmt von der Route Napoleon abgefahren. Nun durchquerten wir zum ersten Mal das südfranzösische Maurengebirge in Richtung Côte d’Azur. Es war auch das erste Mal, dass wir die Auswirkungen eines verheerenden Waldbrandes gigantischen Ausmaßes unmittelbar erlebten, es sollte nicht das letzte Mal sein. Woher kommt der Name Massif des Maures? Das Gebirge befindet sich zwischen Hyères und Fréjus im Departement Var. Es erstreckt sich über eine Fläche von 135 000 Hektar und ist 60 km breit, über 130 km lang und bis zu 780 m hoch. Der Name der Gebirgskette, Massif des Maures (Maurengebirge), hat seinen Namen von der dunklen Farbe des Gesteins und seiner Bewaldung mit Kork- und Steineichen und ist wohl auf das okzitanische Wort maouro (schwarz) zurückzuführen. Der Name hat sich mit den Jahrhunderten immer wieder verändert: Montem Maurum, Maura, la Maura im Jahre 1529, las Mauras de Bormettas. Historiker und Linguisten vermuten, dass der Name „montagne noire“ (schwarzer Berg), zuerst im Singular als „la noire“ (der Schwarze) benutzt wurde (la Maura, in Latein und Provenzalisch) und später auch im Plural, da das Gebirge mehrere Gipfel aufweist. Zahlreiche markante Aussichtspunkte ermöglichen fantastische Ausblicke über die imposante Küste und kilometerweite Wälder im Landesinneren. Wer die Ruhe abseits der Touristenströme liebt und dem hippen Côte d’Azur-Lifestyle ab und zu den Rücken kehren möchte, ist hier goldrichtig. Man kann wandern und abgelegene Weingüter besichtigen, die, wie beispielsweise das Weingut Domaine Murennes, aufgrund schwerer Erreichbarkeit auch der Resistance einen Rückzugsort boten. Darüber schreibe ich aber ein anderes Mal. Mit der Waldbrandgefahr leben Auffällig im Massif de Maures sind allgegenwärtig Warn- und Verbotsschilder, die bei bestimmten Wetterlagen das Begehen der Wege verbieten, um damit die Gefahr von Waldbränden einzudämmen. Damit muss man rechnen und das ist auch gut so. Denn leider sind Waldbrände im Maurengebirge keine einmalige Katastrophe, sondern treten immer wieder auf. Sie gehen nicht immer glimpflich aus. Bei einigen der Brände starben Menschen. Bei allen Bränden sind Natur und Tiere betroffen. Die Korkeichen erholen sich meist wieder schnell, das gilt nicht für die ebenfalls ansässigen Schirmpinien, ganz zu schweige von den Tieren, die nicht schnell genug das Weite suchen können. Die Natur kann sich über mehrere Jahre hinweg regenerieren, die Landschaft wird aber eine andere sein. Und immer, wirklich immer, sind hunderte von Feuerwehrmännern bei den Waldbränden im Einsatz, um die Feuer zu bekämpfen, manchmal viele Tage lang und immer bis zur Erschöpfung und in der Hoffnung und mit Blick auf Wind und Wetter, ob sich das Schlimmste verhindern lässt. Warum schreibe ich darüber? Feuerwehrmänner: Helden auf Abruf Die Idee entstand diesen Sommer, als wir an einem wundervollen sonnigen Septembertag bei bestem Wetter oberhalb des Örtchens Bormes les Mimosas steil bergan durch den Korkeichenwald zur Chapelle Notre Dame de Constance wandern. Der Blick von oben ist herrlich. Nach einem etwa 30-minütigen Fußweg und mächtig durchgeschwitzt genießen wir den Ausblick über die Küste und die Inseln Iles d'Or und Iles du Levant von der Kapelle aus. Ein Stück weiter befindet sich eine Aussichtsplattform mit 360-Grad-Aussicht. Bei näherem Hinsehen fallen mir von weitem zwei Menschen in tieforangen Oberteilen auf, die auf der Plattform sitzen und sich unterhalten. Es sind Feuerwehrmänner, die hier Feuerwache halten. Für mich sind das zwei der Helden des Maurengebirges und ich möchte sie kennenlernen. Endlich zahlt sich für mich aus, dass ich seit etwa einem Jahr mein Schulfranzösisch mit einem Online-Kurs aufpoliere. Auffällig ist die Ruhe, die die beiden ausstrahlen. Das ist mir vertraut vom Kontakt zu Menschen, deren Arbeit darin besteht, in Ausnahmesituationen besonnen funktionieren zu müssen. Sehr entspannt und zugewandt gehen sie auf meine unperfekt auf Französisch formulierten Fragen ein. Oft treffe ich mittlerweile auf Französinnen und Franzosen, die lieber aufs Englische ausweichen, als Geduld für mein B1-Sprachniveau aufzubringen. Wir kommen ins Gespräch und unterhalten uns über Urlaube mit dem Wohnmobil, der eine der beiden fährt ein Hymermobil und ist davon begeistert. Als wir ihm berichten, dass wir etwa 40 km entfernt vom Hymer-Stammsitz in Deutschland unsere Heimat haben, ist er begeistert: „Eh bien, le monde est petit.“ (Die Welt ist klein.) Unsere Gesprächsthemen streifen nur am Rande die großen Brände von 2021 und 2017, die hier noch allen in Erinnerung sind. Vielleicht ist das normal. Es ist auf jeden Fall verständlich: Die beiden Feuerwehrmänner müssen sich konzentriert fokussieren, wenn Gefahr im Verzug ist. Jetzt plaudern sie, aber immer mit aufmerksamem Rund-um-Blick über die bewaldeten Hügel und immer mit halbem Ohr am Funkgerät, aus dem, begleitet von Knarzen und Rauschen, kurze Meldungen eingehen. Das ist der Moment, indem ich beschließe, den Blog über die Begegnung mit den beiden Feuerwehrmännern zu schreiben. Für mich sind sie stellvertretend für alle, die für die Sicherheit im Maurengebirge sorgen. Eine Präventionskampagne liefert nützliche Informationen für Touristen und Einheimischen: https://www.prevention-incendie-foret.com/ Konkrete Verhaltenstipps für Waldbesuche gibt es hier: https://www.prevention-incendie-foret.com/pratiques-a-risque/en-foret-interdiction-de-faire-feu Die Risikomeldungen werden zwischen Juni und September täglich aktualisiert: Zugangskarte zu den Waldgebieten des Var und Arbeitsvorschriften in den Waldgebieten des Var









