Sommerfrische des französischen Präsidenten

Alexandra Freund-Gobs • 1. Oktober 2023

Das Fort Brégançon an der Côte d'Azur

Die Côte d'Azur kenne ich ziemlich gut. Seit über 30 Jahren zieht es mich und meine Familie immer wieder dorthin in den Urlaub. Es gibt viel über diese Ecke Südfrankreichs zu lesen, in Büchern, in Zeitschriften beim Friseur und, und, und…warum also schreibe ich heute einen Blog Text, der von einem Ort handelt, der so prominent und gleichzeitig ziemlich abgeschottet ist?

Besichtigung der Sommerresidenz

Immer wieder, wenn meine Familie sich hier im Urlaub befindet, kommt es vor, dass zwei Hubschrauber nebeneinander über das Meer donnern. Dabei kann es durchaus sein, dass sich in einem der Hubschrauber der französische Präsident befindet. Denn unweit unserer Sommerfrische befindet sich das Fort Brégançon – seit 1968 die Sommerresidenz des Staatspräsidenten. Charles de Gaulles hatte den Ort anlässlich des 20-jährigen Jubiläums der Landung der Alliierten in der Provence 1964 besucht und 1968 wurde der Ort zur Sommerresidenz der französischen Staatspräsidenten auserkoren. Das Fort gehört zur Gemeinde Bormes-les-Mimosas und liegt grob gesagt zwischen Hyères und St. Tropez. Es hat eine lange und spannende Geschichte, die allein schon einen Blog wert wäre.Interessierte finden hier mehr darüber: https://www.elysee.fr/de/franzoesisches-praesidialamt/das-fort-de-bregancon
Ich war ehrlich gesagt immer etwas neidisch, wenn ich darüber nachgedacht habe, wie schön der Staatspräsident Urlaub machen kann und das alles ohne mühevolles Reservieren. Das Fort darf man als Otto-Normalverbraucher seit der Präsidentschaft Hollandes besuchen. Hierfür gibt es festgelegte Termine, die man reservieren muss, das lässt sich über die Gemeinde Bormes les Mimosas über die Website erledigen. Mein Entschluss steht fest, dieses Jahr besuchen wir das Fort! Gesagt, getan. Gleich zu Beginn unseres Urlaubs reserviere ich einen Termin. Wichtig: Man muss einen gültigen Personalausweis in Papierform mitnehmen!  

Ist und bleibt: Trutzburg

Wir parken am Plage de Cabasson und laufen zu dem Tor, welches die äußerste Grenze zum Gelände des Forts bildet. Hier befindet sich ein Pförtnerhäuschen. Im 15-Minutentakt laufen die Führungen, sie finden allerdings nur in den Sommermonaten statt und selbstverständlich nur, wenn der französische Präsident gerade nicht vor Ort weilt. Die Guides, allesamt Damen mittleren Alters in einem Outfit, welches an Stewardessen erinnert (die Röcke sind allerdings kürzer), holen ihre Gruppen am Pförtnerhaus ab. In den ersten Jahren wurden die Touristengruppen mit dem Bus über den Weg bis zur Insel transportiert. Wir laufen bis zur Festungsinsel in der Gruppe zu Fuß. Auf mich wirkt die Festung beim Näherkommen wie eine Trutzburg. Der Neid auf den Urlaubsort des Präsidenten schwindet. Auf französisch bekommen wir eine Reihe von Informationen über die Gegend und die Historie mitgeteilt. 

Kommt nicht gut, Präsident in Badehose

Interessant ist zum Beispiel, dass der Weg, den wir gerade laufen, durch ausländisches Staatsgebiet führt, nämlich durch luxemburgisches. General de Gaulle hatte den Flecken Erde an die luxemburgische Großherzogin Josépine Charlotte abgetreten und Frankreich hat nur noch Passierrecht. Die Passkontrolle zum Einlass auf Insel und Sommerresidenz findet auch nicht am Pförtnerhäuschen sondern direkt vor der Insel statt. Die Pässe werden abgegeben, stattdessen erhalten wir Besucher eine Besucherkarte. Weiter geht es mit Geschichten, während wir die Insel erklimmen. Ein Histörchen reiht sich um François Hollandes, der auch 2014 dafür sorgte, dass der Präsidentensitz der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde. Er wurde offenbar 2012 als Normalsterblicher in Badehose am Privatstrand des Forts von Paparazzi aufgenommen, die Franzosen nahmen ihm das wohl übel. 

Schönheit versus Sicherheit

Der Blick über das Meer wird immer schöner, je höher wir auf die Insel steigen. Allerdings kommt mir der Gedanke, dass ich mich hier nie und nimmer wie im Urlaub fühlen würde. Unten befindet sich der Hubschrauberlandeplatz. Die Festung sieht aus direkter Nähe immer noch aus wie eine Trutzburg. Oben befindet sich in den Festungsmauern ein Tor, welches sich vor uns Besuchern magisch öffnet. Innen dann ein Weg und Kameras, wohin man schaut. Es geht nochmals eine Runde, bis man das nächste Areal erreicht. Marinearchitekt Pierre-Jean Guth hatte das Fort in eine komfortable Residenz verwandelt, in die er die Überreste der alten Festung geschickt integrierte. So wird es uns erzählt und es ist auch zu lesen unter https://www.elysee.fr/de/franzoesisches-praesidialamt/das-fort-de-bregancon. Die Anmutung der Gebäude im inneren Bereich ist im provenzalischen Stil. Ein wunderschöner Garten umschließt das Anwesen und führt immer wieder zur Festungsmauer und gibt atemberaubende Blicke auf das Meer und die Inseln Porquerolles, Port-Cros und Le Levant frei. Trotzdem ist mein Neid komplett verflogen. Verstärkt wird das durch die Geschichte, die unsere Guide am sogenannten Swimmingpool des Präsidenten erzählt. Der Begriff Pool ist übertrieben, das Badeareal hat die Größe eines etwas größeren Planschbeckens, vier kräftige Züge und man erreicht das Ende. Möchte der Präsident baden, und das tut Macron laut der Guide regelmäßig, muss ein Taucher vorab das Becken prüfen und ein Taucher weilt im Becken während des Badevorgangs. Na danke, denke ich. 

Etwas Freiheit bei der Einrichtung

An der berühmten Treppe, die zum Gebäude führt, standen schon etliche Persönlichkeiten, selbst Angela Merkel war schon hier. Die Guide präsentiert stolz ein Foto, auf dem Manuel und Brigitte Macron mit Angela Merkel in jeweils großem Abstand nebeneinander am Treppenfuß stehen. Es war 2020, das erste Jahr der Corona-Pandemie. Im Inneren der Gebäude dürfen Besucher nicht fotografieren. Die Räume sind nicht üppig, Gemütlichkeit kommt auch nicht auf. Jeder Präsident und jede Präsidentengattin dürfen hier ihren Geschmack walten lassen, so wechseln die Stilrichtungen über die Jahre. Wir sind das einzige deutsche Paar, welches an der Führung teilnimmt, interessiert nehme ich zur Kenntnis, mit welch großem Interesse die französischen Besucherinnen und Besucher den Geschichten über die Möbelvorlieben der verschiedenen Präsidenten lauschen. Zu sehen gibt es einen Vorraum, das Wohnzimmer, das Esszimmer und das Büro des Präsidenten. Der Rest ist nicht für die Öffentlichkeit zugänglich. Die Führung dauert insgesamt drei Stunden. Als wir schließlich wieder unten angekommen unsere Pässe entgegennehmen und den Weg zurück zum Pförtnerhäuschen laufen, muss ich grinsen. Nie wieder wird bei mir Neid aufkommen, wenn des Präsidenten Hubschrauber an unserem Urlaubsdomizil vorbeifliegt. Der Preis eines solchen Amtes scheint mir sehr hoch zu sein. Auch im Urlaub.  

Stuttgart-Wien-und-mehr

von Alexandra Freund-Gobs 16. November 2025
Die Dämmerung breitet sich in der Umgebung aus und zu hören ist nur der beruhigende, blubbernde Motor unseres alten VW Käfers. Ansonsten hört man kein Geräusch. Ein bisschen fühlt es sich an wie nach Neuschnee, alles scheint in Watte gepackt. Da wir uns aber mitten in einem Naturschutzgebiet befinden, ist das unnatürlich. Normalerweise kündigen Vögel mit ihrem Abendgesang die Nacht an, hier ist es absolut still. Auch der Wind verursacht kein Blätterrauschen. Denn die Korkeichen am Straßenrand und auf den Hügeln um uns herum tragen kein einziges Blatt mehr, obwohl es erst September ist. Und die Baumstämme und Äste der Bäume sind kohlrabenschwarz. Es fühlt sich an, als würden wir durch eine Mad Max Kulisse fahren nach einer Apokalypse. Auch der Geruch ist nicht der nach frischem Wald. Zugetragen hat sich das im Jahr 1990. Wir waren als Studenten auf Tour und fröhlich gestimmt von der Route Napoleon abgefahren. Nun durchquerten wir zum ersten Mal das südfranzösische Maurengebirge in Richtung Côte d’Azur. Es war auch das erste Mal, dass wir die Auswirkungen eines verheerenden Waldbrandes gigantischen Ausmaßes unmittelbar erlebten, es sollte nicht das letzte Mal sein. Woher kommt der Name Massif des Maures? Das Gebirge befindet sich zwischen Hyères und Fréjus im Departement Var. Es erstreckt sich über eine Fläche von 135 000 Hektar und ist 60 km breit, über 130 km lang und bis zu 780 m hoch. Der Name der Gebirgskette, Massif des Maures (Maurengebirge), hat seinen Namen von der dunklen Farbe des Gesteins und seiner Bewaldung mit Kork- und Steineichen und ist wohl auf das okzitanische Wort maouro (schwarz) zurückzuführen. Der Name hat sich mit den Jahrhunderten immer wieder verändert: Montem Maurum, Maura, la Maura im Jahre 1529, las Mauras de Bormettas. Historiker und Linguisten vermuten, dass der Name „montagne noire“ (schwarzer Berg), zuerst im Singular als „la noire“ (der Schwarze) benutzt wurde (la Maura, in Latein und Provenzalisch) und später auch im Plural, da das Gebirge mehrere Gipfel aufweist. Zahlreiche markante Aussichtspunkte ermöglichen fantastische Ausblicke über die imposante Küste und kilometerweite Wälder im Landesinneren. Wer die Ruhe abseits der Touristenströme liebt und dem hippen Côte d’Azur-Lifestyle ab und zu den Rücken kehren möchte, ist hier goldrichtig. Man kann wandern und abgelegene Weingüter besichtigen, die, wie beispielsweise das Weingut Domaine Murennes, aufgrund schwerer Erreichbarkeit auch der Resistance einen Rückzugsort boten. Darüber schreibe ich aber ein anderes Mal. Mit der Waldbrandgefahr leben Auffällig im Massif de Maures sind allgegenwärtig Warn- und Verbotsschilder, die bei bestimmten Wetterlagen das Begehen der Wege verbieten, um damit die Gefahr von Waldbränden einzudämmen. Damit muss man rechnen und das ist auch gut so. Denn leider sind Waldbrände im Maurengebirge keine einmalige Katastrophe, sondern treten immer wieder auf. Sie gehen nicht immer glimpflich aus. Bei einigen der Brände starben Menschen. Bei allen Bränden sind Natur und Tiere betroffen. Die Korkeichen erholen sich meist wieder schnell, das gilt nicht für die ebenfalls ansässigen Schirmpinien, ganz zu schweige von den Tieren, die nicht schnell genug das Weite suchen können. Die Natur kann sich über mehrere Jahre hinweg regenerieren, die Landschaft wird aber eine andere sein. Und immer, wirklich immer, sind hunderte von Feuerwehrmännern bei den Waldbränden im Einsatz, um die Feuer zu bekämpfen, manchmal viele Tage lang und immer bis zur Erschöpfung und in der Hoffnung und mit Blick auf Wind und Wetter, ob sich das Schlimmste verhindern lässt. Warum schreibe ich darüber? Feuerwehrmänner: Helden auf Abruf Die Idee entstand diesen Sommer, als wir an einem wundervollen sonnigen Septembertag bei bestem Wetter oberhalb des Örtchens Bormes les Mimosas steil bergan durch den Korkeichenwald zur Chapelle Notre Dame de Constance wandern. Der Blick von oben ist herrlich. Nach einem etwa 30-minütigen Fußweg und mächtig durchgeschwitzt genießen wir den Ausblick über die Küste und die Inseln Iles d'Or und Iles du Levant von der Kapelle aus. Ein Stück weiter befindet sich eine Aussichtsplattform mit 360-Grad-Aussicht. Bei näherem Hinsehen fallen mir von weitem zwei Menschen in tieforangen Oberteilen auf, die auf der Plattform sitzen und sich unterhalten. Es sind Feuerwehrmänner, die hier Feuerwache halten. Für mich sind das zwei der Helden des Maurengebirges und ich möchte sie kennenlernen. Endlich zahlt sich für mich aus, dass ich seit etwa einem Jahr mein Schulfranzösisch mit einem Online-Kurs aufpoliere. Auffällig ist die Ruhe, die die beiden ausstrahlen. Das ist mir vertraut vom Kontakt zu Menschen, deren Arbeit darin besteht, in Ausnahmesituationen besonnen funktionieren zu müssen. Sehr entspannt und zugewandt gehen sie auf meine unperfekt auf Französisch formulierten Fragen ein. Oft treffe ich mittlerweile auf Französinnen und Franzosen, die lieber aufs Englische ausweichen, als Geduld für mein B1-Sprachniveau aufzubringen. Wir kommen ins Gespräch und unterhalten uns über Urlaube mit dem Wohnmobil, der eine der beiden fährt ein Hymermobil und ist davon begeistert. Als wir ihm berichten, dass wir etwa 40 km entfernt vom Hymer-Stammsitz in Deutschland unsere Heimat haben, ist er begeistert: „Eh bien, le monde est petit.“ (Die Welt ist klein.) Unsere Gesprächsthemen streifen nur am Rande die großen Brände von 2021 und 2017, die hier noch allen in Erinnerung sind. Vielleicht ist das normal. Es ist auf jeden Fall verständlich: Die beiden Feuerwehrmänner müssen sich konzentriert fokussieren, wenn Gefahr im Verzug ist. Jetzt plaudern sie, aber immer mit aufmerksamem Rund-um-Blick über die bewaldeten Hügel und immer mit halbem Ohr am Funkgerät, aus dem, begleitet von Knarzen und Rauschen, kurze Meldungen eingehen. Das ist der Moment, indem ich beschließe, den Blog über die Begegnung mit den beiden Feuerwehrmännern zu schreiben. Für mich sind sie stellvertretend für alle, die für die Sicherheit im Maurengebirge sorgen. Eine Präventionskampagne liefert nützliche Informationen für Touristen und Einheimischen: https://www.prevention-incendie-foret.com/ Konkrete Verhaltenstipps für Waldbesuche gibt es hier: https://www.prevention-incendie-foret.com/pratiques-a-risque/en-foret-interdiction-de-faire-feu Die Risikomeldungen werden zwischen Juni und September täglich aktualisiert: Zugangskarte zu den Waldgebieten des Var und Arbeitsvorschriften in den Waldgebieten des Var
von Alexandra Freund-Gobs 17. Juli 2025
Flensburger Punkte will keiner. Für Rum, Plopp und eine aufregende Geschichte lohnt sich dennoch ein Besuch.
von Alexandra Freund-Gobs 15. Juni 2025
Über den Renaissance-Künstler Arcimboldo, Kopisten und Künstliche Intelligenz.
von Alexandra Freund-Gobs 16. März 2025
Spannende Zeitreise zum Bauernkrieg 1525 aus der Sicht des Möglichen.
von Alexandra Freund-Gobs 16. Februar 2025
Ab in Wiens Untergrund in einen 15 Meter tiefen Keller. Hier wartet Geschichte und es ist nichts für schwache Nerven.
von Alexandra Freund-Gobs 21. Januar 2025
Von einer Kirche mit vergoldeten Kupferplatten in Wien zum besten Verhältnis nach Baden-Württemberg.
von Alexandra Freund-Gobs 15. Dezember 2024
Von einem der ältesten Weihnachtsmärkte, Momenten des Glücks und der Hoffnung auf ein Xanadu.
von Alexandra Freund-Gobs 27. Oktober 2024
Als Texter arbeite ich viel im Bereich Energie. In meinem Blog erzähle ich von Orten, die lohnenswert zu besichtigen sind. Hier kann ich beides verknüpfen.
von Alexandra Freund-Gobs 11. August 2024
Zwei eigenwillige Entdeckungen: Ein Mann voller Eisennägel und eine Frau mit einer Schlange aus Metall.
von Alexandra Freund-Gobs 19. Juli 2024
Müllverbrennung in Wien, Hundertwasser, Kunst und Lehrreiches.
Show More