Justizpalast Wien

Alexandra Freund-Gobs • 3. März 2024

Kaffee im Justizpalast mit Blick über die Dächer von Wien

„Der nächste bittä!“ An der Kantinenkassa steht eine junge Frau und schaut mich an, in ihrer Stimme liegt Ungeduld. Es ist Montagmittag, ich stehe in einer Schlange voller Menschen, jeder hat ein orangefarbenes Tablett vor sich. Kantinenambiente, Kantinenablauf, Kantinenstimmung im Justiz Café des Wiener Justizpalasts. Für über 500 Mitarbeitende ist der Justizpalast Arbeitsplatz an einem der drei dort ansässigen Gerichte oder an einer der zwei staatsanwaltschaftlichen Behörden. 

Gerichtsmitarbeitende und Touristen geeint auf einen Kaffee 

Ich bin, wie viele weitere Kantinengäste „nur“ Tourist. Denn die Haupthalle mit dem Treppenhaus des Gebäudes und das Café nebst Dachterrasse ist zu bestimmten Öffnungszeiten jedem Gast zugänglich. Es gilt lediglich eine Sicherheitsschleuse zu passieren, ähnlich der an Flughäfen. Die zwei Attraktionen – Treppe und Café – stehen schon lange auf meiner Liste. Zum Frühstücken habe ich es nicht geschafft, das gibt es nur bis 10 Uhr. Also esse ich hier zu Mittag. Das im Dachgeschoss gelegene Café bietet neben einer grandiosen Aussicht auf die Seitenansicht vom Parlamentsgebäude, auf die Türme vom Rathaus, auf Teile der Ringstraße und den Volksgarten
 auch einen fulminanten Blick über die Dächer Wiens. Da eine Front vom Café verglast ist, kann man den Ausblick auch im Winter und an kälteren Tagen genießen. Die Stimmung ist schon etwas Besonderes, hier sitzen Mitarbeitende leise murmelnd in Gespräche vertieft neben Touristen, die sich durch einen verzückten Glanz in den Augen ob des Ausblicks per se verraten. Ein Selfie vor der Traumkulisse, voilà, es fällt nicht schwer, Touristen von Beschäftigten zu unterscheiden. Gerade diese Mischung aus betriebsamer Geschäftigkeit und staunenden Touristen macht es aus, hier zu verweilen.

Beeindruckender Ort der Gerichtsbarkeit

Nicht jeder Tourist findet den Weg bis ganz nach oben, viele sind schon geflasht von der prunkvollen Aula mit der zentralen Hauptstiege, die man wie eine Schauspielikone nach oben schreiten kann. Das bekannte Fotomotiv wird von jedem oder jeder gerne genutzt, mit oder ohne Menschen auf der Treppe.
Es gibt viele Quellen, in welchen man sich über die Geschichte und Besonderheiten vom Justizpalast informieren kann. Ich fand die Website vom Obersten Gerichtshof informativ: https://www.ogh.gv.at/der-justizpalast/
Der Justizpalast wurde zwischen 1875 und 1881 errichtet. Heute beherbergt der Justizpalast neben dem Obersten Gerichtshof das Oberlandesgericht Wien und das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien sowie die Generalprokuratur und die Oberstaatsanwaltschaft Wien.

Glasgedeckelter Arkadenhof, prunkvolle Treppe, eindrucksvolle Justitia

Der Haupteingang befindet sich an der nördlichen Gebäudeseite. Nach dem Passieren der Schleuse gelangt man über eine Tür in die große Aula. Kaum einem bleibt jetzt nicht der Mund offenstehen. Die große Zentralhalle ist ein dreigeschossiger, glasgedeckter Arkadenhof mit einer überdimensionalen und ebenfalls in Marmor geschaffenen, sitzenden Statue der Justitia. Im zweiten Stock auf der Seite des Obersten Gerichtshofs befindet sich das Große Foyer, an dessen Innenwand die Namen aller Präsidenten des Obersten Gerichtshofs in Marmor gemeißelt sind. Ebenfalls im zweiten Stock befinden sich die historisch originalgetreu rekonstruierten Verhandlungssäle des Obersten Gerichtshofs. Vor deren Eingängen sind Inschriftstafeln zur Erinnerung an die ehemaligen Präsidenten des Oberlandesgerichts Wien angebracht.

Der Brand im Jahr 1927

Ein schreckliches und tragisches Ereignis bleibt untrennbar mit der Geschichte des Justizpalastes verbunden. Am 15. Juli 1927 war das Gebäude in Brand gesteckt worden. „Hierdurch wurde ein Großteil der Räumlichkeiten speziell des Obersten Gerichtshofs vernichtet und die gesamte Amtsbücherei – damals die drittgrößte juristische Bibliothek Europas – mit zahlreichen unersetzlichen historischen Dokumenten (…) sowie das untergebrachte Grundbuch für die meisten Wiener Bezirke völlig zerstört.“ Zu Beginn der dreißiger Jahre des vorigen Jahrhunderts wurde der Justizpalast wieder hergestellt. Genaueres über den Brand findet man hier: 

Generalsanierung zwischen 1994 und 2007

Zwischen 1997 und 2007 wurde das Gebäude generalsaniert. Der Architekt Robert Grossmann vom Atelier 23 fasst hierzu zusammen: "Erneuert worden ist hier so gut wie alles“…"Die gesamte Haustechnik ist erneuert worden, die Sicherheitstechnik, die Beleuchtung, viele Neubauteile. Wir haben einen Dachbodenausbau gemacht mit über 5.000 m². Es wurden neue Fluchtstiegen errichtet, die Bibliothek wurde ausgebaut, Raumressourcen wurden frei gemacht und es wurden alle Oberflächen restauriert. Eine der größten Herausforderungen war es, die große Halle zu sanieren. Die dortige Stahlkonstruktion war am Ende ihrer Lebensdauer". 


Stuttgart-Wien-und-mehr

von Alexandra Freund-Gobs 16. November 2025
Die Dämmerung breitet sich in der Umgebung aus und zu hören ist nur der beruhigende, blubbernde Motor unseres alten VW Käfers. Ansonsten hört man kein Geräusch. Ein bisschen fühlt es sich an wie nach Neuschnee, alles scheint in Watte gepackt. Da wir uns aber mitten in einem Naturschutzgebiet befinden, ist das unnatürlich. Normalerweise kündigen Vögel mit ihrem Abendgesang die Nacht an, hier ist es absolut still. Auch der Wind verursacht kein Blätterrauschen. Denn die Korkeichen am Straßenrand und auf den Hügeln um uns herum tragen kein einziges Blatt mehr, obwohl es erst September ist. Und die Baumstämme und Äste der Bäume sind kohlrabenschwarz. Es fühlt sich an, als würden wir durch eine Mad Max Kulisse fahren nach einer Apokalypse. Auch der Geruch ist nicht der nach frischem Wald. Zugetragen hat sich das im Jahr 1990. Wir waren als Studenten auf Tour und fröhlich gestimmt von der Route Napoleon abgefahren. Nun durchquerten wir zum ersten Mal das südfranzösische Maurengebirge in Richtung Côte d’Azur. Es war auch das erste Mal, dass wir die Auswirkungen eines verheerenden Waldbrandes gigantischen Ausmaßes unmittelbar erlebten, es sollte nicht das letzte Mal sein. Woher kommt der Name Massif des Maures? Das Gebirge befindet sich zwischen Hyères und Fréjus im Departement Var. Es erstreckt sich über eine Fläche von 135 000 Hektar und ist 60 km breit, über 130 km lang und bis zu 780 m hoch. Der Name der Gebirgskette, Massif des Maures (Maurengebirge), hat seinen Namen von der dunklen Farbe des Gesteins und seiner Bewaldung mit Kork- und Steineichen und ist wohl auf das okzitanische Wort maouro (schwarz) zurückzuführen. Der Name hat sich mit den Jahrhunderten immer wieder verändert: Montem Maurum, Maura, la Maura im Jahre 1529, las Mauras de Bormettas. Historiker und Linguisten vermuten, dass der Name „montagne noire“ (schwarzer Berg), zuerst im Singular als „la noire“ (der Schwarze) benutzt wurde (la Maura, in Latein und Provenzalisch) und später auch im Plural, da das Gebirge mehrere Gipfel aufweist. Zahlreiche markante Aussichtspunkte ermöglichen fantastische Ausblicke über die imposante Küste und kilometerweite Wälder im Landesinneren. Wer die Ruhe abseits der Touristenströme liebt und dem hippen Côte d’Azur-Lifestyle ab und zu den Rücken kehren möchte, ist hier goldrichtig. Man kann wandern und abgelegene Weingüter besichtigen, die, wie beispielsweise das Weingut Domaine Murennes, aufgrund schwerer Erreichbarkeit auch der Resistance einen Rückzugsort boten. Darüber schreibe ich aber ein anderes Mal. Mit der Waldbrandgefahr leben Auffällig im Massif de Maures sind allgegenwärtig Warn- und Verbotsschilder, die bei bestimmten Wetterlagen das Begehen der Wege verbieten, um damit die Gefahr von Waldbränden einzudämmen. Damit muss man rechnen und das ist auch gut so. Denn leider sind Waldbrände im Maurengebirge keine einmalige Katastrophe, sondern treten immer wieder auf. Sie gehen nicht immer glimpflich aus. Bei einigen der Brände starben Menschen. Bei allen Bränden sind Natur und Tiere betroffen. Die Korkeichen erholen sich meist wieder schnell, das gilt nicht für die ebenfalls ansässigen Schirmpinien, ganz zu schweige von den Tieren, die nicht schnell genug das Weite suchen können. Die Natur kann sich über mehrere Jahre hinweg regenerieren, die Landschaft wird aber eine andere sein. Und immer, wirklich immer, sind hunderte von Feuerwehrmännern bei den Waldbränden im Einsatz, um die Feuer zu bekämpfen, manchmal viele Tage lang und immer bis zur Erschöpfung und in der Hoffnung und mit Blick auf Wind und Wetter, ob sich das Schlimmste verhindern lässt. Warum schreibe ich darüber? Feuerwehrmänner: Helden auf Abruf Die Idee entstand diesen Sommer, als wir an einem wundervollen sonnigen Septembertag bei bestem Wetter oberhalb des Örtchens Bormes les Mimosas steil bergan durch den Korkeichenwald zur Chapelle Notre Dame de Constance wandern. Der Blick von oben ist herrlich. Nach einem etwa 30-minütigen Fußweg und mächtig durchgeschwitzt genießen wir den Ausblick über die Küste und die Inseln Iles d'Or und Iles du Levant von der Kapelle aus. Ein Stück weiter befindet sich eine Aussichtsplattform mit 360-Grad-Aussicht. Bei näherem Hinsehen fallen mir von weitem zwei Menschen in tieforangen Oberteilen auf, die auf der Plattform sitzen und sich unterhalten. Es sind Feuerwehrmänner, die hier Feuerwache halten. Für mich sind das zwei der Helden des Maurengebirges und ich möchte sie kennenlernen. Endlich zahlt sich für mich aus, dass ich seit etwa einem Jahr mein Schulfranzösisch mit einem Online-Kurs aufpoliere. Auffällig ist die Ruhe, die die beiden ausstrahlen. Das ist mir vertraut vom Kontakt zu Menschen, deren Arbeit darin besteht, in Ausnahmesituationen besonnen funktionieren zu müssen. Sehr entspannt und zugewandt gehen sie auf meine unperfekt auf Französisch formulierten Fragen ein. Oft treffe ich mittlerweile auf Französinnen und Franzosen, die lieber aufs Englische ausweichen, als Geduld für mein B1-Sprachniveau aufzubringen. Wir kommen ins Gespräch und unterhalten uns über Urlaube mit dem Wohnmobil, der eine der beiden fährt ein Hymermobil und ist davon begeistert. Als wir ihm berichten, dass wir etwa 40 km entfernt vom Hymer-Stammsitz in Deutschland unsere Heimat haben, ist er begeistert: „Eh bien, le monde est petit.“ (Die Welt ist klein.) Unsere Gesprächsthemen streifen nur am Rande die großen Brände von 2021 und 2017, die hier noch allen in Erinnerung sind. Vielleicht ist das normal. Es ist auf jeden Fall verständlich: Die beiden Feuerwehrmänner müssen sich konzentriert fokussieren, wenn Gefahr im Verzug ist. Jetzt plaudern sie, aber immer mit aufmerksamem Rund-um-Blick über die bewaldeten Hügel und immer mit halbem Ohr am Funkgerät, aus dem, begleitet von Knarzen und Rauschen, kurze Meldungen eingehen. Das ist der Moment, indem ich beschließe, den Blog über die Begegnung mit den beiden Feuerwehrmännern zu schreiben. Für mich sind sie stellvertretend für alle, die für die Sicherheit im Maurengebirge sorgen. Eine Präventionskampagne liefert nützliche Informationen für Touristen und Einheimischen: https://www.prevention-incendie-foret.com/ Konkrete Verhaltenstipps für Waldbesuche gibt es hier: https://www.prevention-incendie-foret.com/pratiques-a-risque/en-foret-interdiction-de-faire-feu Die Risikomeldungen werden zwischen Juni und September täglich aktualisiert: Zugangskarte zu den Waldgebieten des Var und Arbeitsvorschriften in den Waldgebieten des Var
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