Das Lapidarium in Stuttgart

Alexandra Freund-Gobs • 30. Juni 2023

Ein Sammelsurium an Skulpturen in einem verwunschenen Garten 


Seit einem Jahr will ich es besuchen. Jetzt habe ich endlich Glück: Ich hatte einen Pflichttermin in Stuttgart, es ist der richtige Tag und die richtige Zeit für das Lapidarium. Das hat nämlich nur im Sommer zwischen Juni und Oktober am Samstag, Sonntag und Mittwoch jeweils von 14 bis 18 Uhr geöffnet. Das Wetter ist heißer als gedacht, ich schleppe mich mit meinem Rucksack die Silberburgstraße entlang und verfluche, dass ich immer das Bedürfnis habe, mich für alle Fälle auszurüsten: Hunger, Durst, Hitze, Kälte… 
Das Städtische Lapidarium Stuttgart ist ein Freilichtmuseum im Park der ehemaligen Villa Ostertag-Siegle in Stuttgart. Darin sind über 200 meist steinerne Zeugnisse aus fünf Jahrhunderten Stuttgarter Stadtgeschichte ausgestellt, außerdem die römische Antikensammlung von Carl von Ostertag-Siegle. Das Museum befindet sich am Fuße der Karlshöhe in der Mörikestraße 24/1. Es ist unschwer zu erkennen an einem verwitterten Schild über dem Eingangstor. Vorher schon läuft man an je einem steinernen Wächter an der Straße und an einem weiteren im Innenhof neben der Treppe, die zum Lapidarium führt, vorbei. 

Ist das Lapidarium Park, Garten, Museum?

Oben angelangt, weiß ich erst gar nicht, wohin ich schauen soll. Links von mir befindet sich eine überdachte und zu einer Seite hin offene Galerie mit Säulen, die neben einer Reihe von Parkbänken eine Vielzahl von Büsten, hängenden und liegenden Skulpturen beherbergt. Vor mir, eine Ebene tiefer, befindet sich ein Brunnen, in dem das Wasser lustig plätschert und vor dem Brunnen sehe ich ein fein gelegtes Mosaik. Ebenso auf diesem Platz stehen ein paar rosafarben blühende Oleander in Kübeln, diese wurden erst bereitgestellt, wie ich aus einem Gespräch zweier „Macher“ des Museums erfahre. Ich setze mich erst einmal auf eine der Bänke und lasse das ganze Ensemble auf mich wirken. Etwas unwirklich ist es schon. Gerade eben noch befand ich mich mitten im wilden Westen Stuttgarts, Autos rauschten vorbei, geschäftige Menschen kreuzten meinen Weg. Und jetzt sitze ich hier. In einem Park? So ist die offizielle Bezeichnung. Auf mich wirkt das Lapidarium allerdings eher wie ein großzügiger Garten. Vielleicht, weil ich aufgrund meiner Wienbesuche mit dem Wort Park andere Dimensionen verbinde. In einem Museum? Ja auch, irgendwie. Ich habe noch nie so viele Skulpturen und behauene Steinplatten auf so engem Raum gesehen, ohne dass das Gefühl entsteht, es ist zu viel. Naja, Lapidarium ist die Bezeichnung für eine Sammlung von Steinwerken. Der Name ‚Lapidarium‘ leitet sich vom lateinischen lapis, ‚Stein‘ ab und bezeichnet eine Sammlung von Steinwerken, Skulpturen, Grabsteinen, Bauplastiken. Dass hier also Steine herumstehen und liegen, gehört dazu.

Ein bezaubernder Ort, an dem es so viel zu entdecken gibt. 

Bezaubernd ist, dass sich hier alle gesammelten Gegenstände so einfinden, als gehörten sie schon immer hierher. Wie den fotografierten Wasserspeier gibt es viele Gegenstände, die leicht mit Moos bedeckt sind. Aber es stehen auch frisch restaurierte Gegenstände parat, wie ein weiß leuchtender Apoll. Da das Gartengelände sich über einen Teil des Hangs (Karlshöhe) und auf verschiedenen Ebenen erstreckt, kann ich von einer der Parkbänke aus, die in der Galerie auf Ebene Null stehen, das Bild auf mich wirken lassen. Gott sei Dank sind die Bänke beschattet, ich bin nicht die Einzige, die heute den Schatten sucht, trotz der üppigen Belaubung des Gartens. Ich packe meine Kamera aus und starte meinen Rundgang. Immer wieder muss ich stehen bleiben, mich bücken, mich umdrehen, die Sichtachse verändern. Selten macht es mir so Spaß, meinen Augen auf relativ kleinem Raum (der Garten ist nicht riesig) so oft einen neuen Blickwinkel zu bieten. Hier gibt es so viel zu sehen und zu entdecken. Und weil das Licht durch die Bäume seinen Teil dazu beiträgt, wirkt jedes ausgestellte Stück immer wieder anders, mal dunkler und mystischer, mal heller alle Feinheiten sichtbar machend. Besser könnte es ein Museumskurator in einem abgeschlossenen Raum mit einer perfekten Lichtanlage nicht inszenieren. 
Ich beschließe nach dem Besuch im Lapidarium, zum Biergarten auf der Karlshöhe zu laufen. Der Weg ist an sich nicht weit, aber mich trennt noch die Willy-Reichert-Staffel mit 408 Stufen und 210 Metern Länge von einem Schattigen Platz mit Aussicht auf Stuttgarts Süd- und Osthänge. Oben angekommen genieße ich bei bestem Wetter die Aussicht und lasse den Besuch im Lapidarium Revue passieren.

Infos zum Lapidarium:

Im Lapidarium finden auch regelmäßig literarische Veranstaltungen der AnStifter statt. Doch wer sind die AnStifter? Sie beschreiben sich auf ihrer Website als „AnStifter sind alle, die die Projekte der AnStifter – InterCulturelle Initiativen finanziell, ideell oder praktisch fördern. AnStifter wählen jedes Jahr die PreisträgerIn des Stuttgarter Friedenspreises.“
Wer das Lapidarium selbst besuchen möchte, kann auf die Website des StadtPalais Stuttgart schauen unter www.stadtpalais-stuttgart.de/museumsfamilie/staedtisches-lapidarium. Hier steht Öffnungszeiten, Infos zu aktuellen Veranstaltungen und auch, seit wann es den Park gibt: „Im Jahre 1905 legte Karl von Ostertag-Siegle den Park nach Vorbildern italienischer Renaissancegärten an. Er schuf im Mittelpunkt des heutigen Lapidariums eine Wandelhalle mit Antikenwand, in der er eine Vielzahl von Fragmenten römischer Antiken anbringen ließ, die er auf Reisen nach Italien erworben hatte.“

Stuttgart-Wien-und-mehr

von Alexandra Freund-Gobs 16. November 2025
Die Dämmerung breitet sich in der Umgebung aus und zu hören ist nur der beruhigende, blubbernde Motor unseres alten VW Käfers. Ansonsten hört man kein Geräusch. Ein bisschen fühlt es sich an wie nach Neuschnee, alles scheint in Watte gepackt. Da wir uns aber mitten in einem Naturschutzgebiet befinden, ist das unnatürlich. Normalerweise kündigen Vögel mit ihrem Abendgesang die Nacht an, hier ist es absolut still. Auch der Wind verursacht kein Blätterrauschen. Denn die Korkeichen am Straßenrand und auf den Hügeln um uns herum tragen kein einziges Blatt mehr, obwohl es erst September ist. Und die Baumstämme und Äste der Bäume sind kohlrabenschwarz. Es fühlt sich an, als würden wir durch eine Mad Max Kulisse fahren nach einer Apokalypse. Auch der Geruch ist nicht der nach frischem Wald. Zugetragen hat sich das im Jahr 1990. Wir waren als Studenten auf Tour und fröhlich gestimmt von der Route Napoleon abgefahren. Nun durchquerten wir zum ersten Mal das südfranzösische Maurengebirge in Richtung Côte d’Azur. Es war auch das erste Mal, dass wir die Auswirkungen eines verheerenden Waldbrandes gigantischen Ausmaßes unmittelbar erlebten, es sollte nicht das letzte Mal sein. Woher kommt der Name Massif des Maures? Das Gebirge befindet sich zwischen Hyères und Fréjus im Departement Var. Es erstreckt sich über eine Fläche von 135 000 Hektar und ist 60 km breit, über 130 km lang und bis zu 780 m hoch. Der Name der Gebirgskette, Massif des Maures (Maurengebirge), hat seinen Namen von der dunklen Farbe des Gesteins und seiner Bewaldung mit Kork- und Steineichen und ist wohl auf das okzitanische Wort maouro (schwarz) zurückzuführen. Der Name hat sich mit den Jahrhunderten immer wieder verändert: Montem Maurum, Maura, la Maura im Jahre 1529, las Mauras de Bormettas. Historiker und Linguisten vermuten, dass der Name „montagne noire“ (schwarzer Berg), zuerst im Singular als „la noire“ (der Schwarze) benutzt wurde (la Maura, in Latein und Provenzalisch) und später auch im Plural, da das Gebirge mehrere Gipfel aufweist. Zahlreiche markante Aussichtspunkte ermöglichen fantastische Ausblicke über die imposante Küste und kilometerweite Wälder im Landesinneren. Wer die Ruhe abseits der Touristenströme liebt und dem hippen Côte d’Azur-Lifestyle ab und zu den Rücken kehren möchte, ist hier goldrichtig. Man kann wandern und abgelegene Weingüter besichtigen, die, wie beispielsweise das Weingut Domaine Murennes, aufgrund schwerer Erreichbarkeit auch der Resistance einen Rückzugsort boten. Darüber schreibe ich aber ein anderes Mal. Mit der Waldbrandgefahr leben Auffällig im Massif de Maures sind allgegenwärtig Warn- und Verbotsschilder, die bei bestimmten Wetterlagen das Begehen der Wege verbieten, um damit die Gefahr von Waldbränden einzudämmen. Damit muss man rechnen und das ist auch gut so. Denn leider sind Waldbrände im Maurengebirge keine einmalige Katastrophe, sondern treten immer wieder auf. Sie gehen nicht immer glimpflich aus. Bei einigen der Brände starben Menschen. Bei allen Bränden sind Natur und Tiere betroffen. Die Korkeichen erholen sich meist wieder schnell, das gilt nicht für die ebenfalls ansässigen Schirmpinien, ganz zu schweige von den Tieren, die nicht schnell genug das Weite suchen können. Die Natur kann sich über mehrere Jahre hinweg regenerieren, die Landschaft wird aber eine andere sein. Und immer, wirklich immer, sind hunderte von Feuerwehrmännern bei den Waldbränden im Einsatz, um die Feuer zu bekämpfen, manchmal viele Tage lang und immer bis zur Erschöpfung und in der Hoffnung und mit Blick auf Wind und Wetter, ob sich das Schlimmste verhindern lässt. Warum schreibe ich darüber? Feuerwehrmänner: Helden auf Abruf Die Idee entstand diesen Sommer, als wir an einem wundervollen sonnigen Septembertag bei bestem Wetter oberhalb des Örtchens Bormes les Mimosas steil bergan durch den Korkeichenwald zur Chapelle Notre Dame de Constance wandern. Der Blick von oben ist herrlich. Nach einem etwa 30-minütigen Fußweg und mächtig durchgeschwitzt genießen wir den Ausblick über die Küste und die Inseln Iles d'Or und Iles du Levant von der Kapelle aus. Ein Stück weiter befindet sich eine Aussichtsplattform mit 360-Grad-Aussicht. Bei näherem Hinsehen fallen mir von weitem zwei Menschen in tieforangen Oberteilen auf, die auf der Plattform sitzen und sich unterhalten. Es sind Feuerwehrmänner, die hier Feuerwache halten. Für mich sind das zwei der Helden des Maurengebirges und ich möchte sie kennenlernen. Endlich zahlt sich für mich aus, dass ich seit etwa einem Jahr mein Schulfranzösisch mit einem Online-Kurs aufpoliere. Auffällig ist die Ruhe, die die beiden ausstrahlen. Das ist mir vertraut vom Kontakt zu Menschen, deren Arbeit darin besteht, in Ausnahmesituationen besonnen funktionieren zu müssen. Sehr entspannt und zugewandt gehen sie auf meine unperfekt auf Französisch formulierten Fragen ein. Oft treffe ich mittlerweile auf Französinnen und Franzosen, die lieber aufs Englische ausweichen, als Geduld für mein B1-Sprachniveau aufzubringen. Wir kommen ins Gespräch und unterhalten uns über Urlaube mit dem Wohnmobil, der eine der beiden fährt ein Hymermobil und ist davon begeistert. Als wir ihm berichten, dass wir etwa 40 km entfernt vom Hymer-Stammsitz in Deutschland unsere Heimat haben, ist er begeistert: „Eh bien, le monde est petit.“ (Die Welt ist klein.) Unsere Gesprächsthemen streifen nur am Rande die großen Brände von 2021 und 2017, die hier noch allen in Erinnerung sind. Vielleicht ist das normal. Es ist auf jeden Fall verständlich: Die beiden Feuerwehrmänner müssen sich konzentriert fokussieren, wenn Gefahr im Verzug ist. Jetzt plaudern sie, aber immer mit aufmerksamem Rund-um-Blick über die bewaldeten Hügel und immer mit halbem Ohr am Funkgerät, aus dem, begleitet von Knarzen und Rauschen, kurze Meldungen eingehen. Das ist der Moment, indem ich beschließe, den Blog über die Begegnung mit den beiden Feuerwehrmännern zu schreiben. Für mich sind sie stellvertretend für alle, die für die Sicherheit im Maurengebirge sorgen. Eine Präventionskampagne liefert nützliche Informationen für Touristen und Einheimischen: https://www.prevention-incendie-foret.com/ Konkrete Verhaltenstipps für Waldbesuche gibt es hier: https://www.prevention-incendie-foret.com/pratiques-a-risque/en-foret-interdiction-de-faire-feu Die Risikomeldungen werden zwischen Juni und September täglich aktualisiert: Zugangskarte zu den Waldgebieten des Var und Arbeitsvorschriften in den Waldgebieten des Var
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